- Urteil im April 2021: Mietendeckel ist verfassungswidrig
- Was ist der Berliner „Mietendeckel“?
- Pro und Contra: Hat der Mietendeckel geholfen?
- Argumente für den Mietendeckel
- Probleme des Mietendeckels
- Wie geht es weiter?
Urteil im April 2021: Mietendeckel ist verfassungswidrig
Der Berliner Mietendeckel ist Geschichte. Im April 2021 hat das Bundesverfassungsgericht das umstrittene Projekt des Berliner Senats gestoppt. Laut den Karlsruher Richtern ist der Bund für das Mietpreisrecht zuständig und nicht die Länder. Das Berliner Gesetz zur Mietenbegrenzung sei unvereinbar mit dem Grundgesetz und deshalb nichtig.
Damit sind alle Spekulationen beendet, ob der Mietendeckel auf Dauer Bestand haben wird. Erst im Januar 2020 war das Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung beschlossen worden. Seitdem freuten sich viele Berliner Mieter und Mieterinnen über eine geringere Miete. Doch es gab auch Nebenwirkungen: Das Angebot an Mietwohnungen etwa ist in der Hauptstadt stark rückläufig. Wir werfen einen Blick zurück und fassen noch einmal die Vor- und Nachteile dieses bundesweit einmaligen Projektes zusammen.
Was ist der Berliner „Mietendeckel“?
In keiner deutschen Großstadt sind die Mieten für Wohnraum in den vergangenen Jahren so stark gestiegen wie in Berlin. Dagegen hat der Berliner Senat ein vermeintliches Gegengift entwickelt: den Mietendeckel. Als Berliner Mietendeckel wird das Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung bezeichnet. Es wurde am 30. Januar 2020 im Abgeordnetenhaus von Berlin beschlossen.
Die Eckpunkte des Mietendeckels:
- Die Deckelung der Mieten sorgte in Berlin dafür, dass seit dem 23. Februar 2020 Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen auf dem Stand vom Juni 2019 eingefroren wurden.
- Ab 2022 hätten die Mieten jährlich höchstens um 1,3 Prozent steigen dürfen. Würde eine Wohnung neu vermietet, müsste sich der Vermieter an neue, vom Staat festgelegte Mietobergrenzen und die zuletzt verlangte Miete halten.
- Sogar Mieten aus bestehenden Verträgen hätten ab November 2020 gekürzt werden können, wenn sie mehr als 20 Prozent über den zulässigen Werten gelegen hätten.
Pro und Contra: Hat der Mietendeckel geholfen?
Über das Pro und Contra des Mietendeckels hat Grossmann & Berger ein Interview geführt, das im Kundenmagazin Quadratmeter erschienen ist. Einzelne Aussagen aus diesem Interview werden in diesem Artikel verwendet. Interviewpartner waren:
- Susanne Klabe, Geschäftsführerin des Landesverbandes Berlin/Brandenburg im Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW)
- Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins mit über 180.000 Mitgliedern
- Thomas Brinktriene, Leiter des Neubau-Teams von Grossmann & Berger in Berlin
Argumente für den Mietendeckel
Mieter in vielen deutschen Großstädten klagen über hohe Mieten. Gering und normal Verdienende geben zum Teil über 50 % ihres Einkommens nur für die Miete aus. In Berlin hatten sich SPD, Grüne und Linke diesem Problem angenommen und 2020 das Gesetz zur Eindämmung des Mietwuchers beschlossen – den sogenannten Mietendeckel.
Bundesweit gab es in der Vergangenheit des Öfteren Maßnahmen zur Mietpreisbindung und zum Mietenstopp. Sozialen Wohnungsbau etwa gibt es bereits seit den 1920er Jahren. Mit der Mietpreisbremse will die Bundesregierung seit 2015 den Anstieg der Mieten in Gegenden mit angespanntem Wohnungsmarkt eindämmen. Reiner Wild vom Berliner Mieterverein unterstützt neben diesem Gesetz auch den Mietendeckel: „Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass Mieterschutz auf angespannten Märkten nötig ist. Die enorme Nachfrage treibt die Mieten in die Höhe. Um die Mieter und Mieterinnen zu schützen, ist der Mietendeckel deutlich effektiver als die Mietpreisbremse und auch besser als das System der ortsüblichen Vergleichsmiete.“
Gegner des Mietendeckels weisen allerdings darauf hin, dass seit Einführung des Mietendeckels sehr viel weniger Wohnungen angeboten werden. In diesem Fall würde die angespannte Situation durch den Mietendeckel sogar noch verschärft. Laut Reiner Wild lag das allerdings nicht am Mietendeckel selbst, sondern an den Menschen, „die eine verfassungsrechtliche Klärung angestrebt haben. Natürlich warten viele Mieter jetzt erst einmal ab, wie im Juni juristisch über den Deckel entschieden wird.“ Diese Entscheidung wurde nun vom Bundesverfassungsgericht getroffen. Der Berliner Senat selbst hatte bei der Einführung des Mietendeckels dazu geraten, die gesparte Miete lieber beiseite zu legen, falls der Klage gegen das Gesetz stattgegeben wird.
Susanne Klabe vom Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) betont, dass die bereits bestehenden Regelungen bislang nicht genügend angewendet wurden. „Wir haben in der Debatte um den Mietendeckel eine kleine Anfrage an den Senat gestellt, um offenzulegen, wie viele Verfahren es im bestehenden gesetzlichen Rahmen denn gegen Mietwucher überhaupt gibt. Unsere Anfrage bezog sich auf den Zeitraum von 2015 bis 2018, in dem es bei 1,6 Millionen Wohnungen zu 190 Mietwucherverfahren kam. Das zeigt doch, dass die bestehenden Regelungen nicht genügend angewendet wurden. Unser konstruktiver Vorschlag lautete deshalb: Vollzieht doch erst einmal das, was wir haben!“
Probleme des Mietendeckels
Der Wohnungsmangel wurde nicht behoben
Seit April 2021 ist der Mietendeckel vom Bundesverfassungsgericht gestoppt – aber hat er im vergangenen Jahr überhaupt funktioniert? Die hohen Mieten in Berlin lassen sich unter anderem auf den Mangel an Wohnungen zurückführen. Dieses Problem ist laut Susanne Klabe nicht behoben: „Wir halten das Instrument für ungeeignet, um die Ursachen des Problems zu beheben: den Mangel an Wohnungen für alle Einkommensklassen. Der Mietendeckel soll eine Atempause verschaffen, die wird aber nicht genutzt, um an der Beseitigung des Wohnungsmangels zu arbeiten.“
Diese Situation kann Thomas Brinktriene, der Leiter des Neubau-Teams von Grossmann & Berger in Berlin bestätigen: „Wir merken, dass das Angebot in den letzten Monaten deutlich zurückgegangen ist. […] Auffällig ist auch, dass die Preise im Neubaubereich deutlich nach oben gegangen sind.“
Geringverdienende haben kaum profitiert
Umstritten ist auch, ob die Entlastung tatsächlich bei denen angekommen ist, die sie benötigen. Susanne Klabe berichtet von Mietern mit hohen Einkommen, die nun noch zusätzlich vom Mietendeckel profitiert haben. „Beispielsweise das doppelt verdienende Diplomaten-Ehepaar mit einem Nettoeinkommen von 10.000 Euro, das auf 180 Quadratmetern wohnt. Die haben jetzt 800 Euro Mietersparnis im Monat. Ist es der richtige Ansatz, die Mieten auch dort zu senken, wo es für die Mieter nicht notwendig ist?“
Dagegen könne sich nach Thomas Brinktriene Paare, die eine Familie gründen und daher mehr Platz benötigen, weiterhin keine Wohnung in Berlin leisten. Die Preise seien weiterhin zu hoch, und junge Familien müssten aus der Stadt herausziehen.
Wie geht es weiter?
Nach dem Scheitern des Mietendeckels bleibt das Problem der hohen Miete für viele Berliner weiterhin ungelöst. Mieter können nun sogar mit Rückforderungen der Vermieter konfrontiert werden. Der Berliner Senat hat bereits Hilfe für Mietende angekündigt, die mit Nachzahlungen konfrontiert werden und finanzielle Probleme bekommen. Aktuelle Informationen gibt die Stadt Berlin unter https://mietendeckel.berlin.de/.
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