Was bedeuten die Buchstaben ESG der Verordnung?
Andreas Rehberg: Sie stehen für die Themenkomplexe Environmental, Social und Governance, also für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.Was will die EU mit der Verordnung erreichen?
Andreas Rehberg: Das allem übergeordnete Ziel ist die Klimaneutralität der EU bis zum Jahr 2050, also die Senkung der CO2-Emissionen auf null. Mit der ESG-Verordnung als Teil eines umfangreichen Maßnahmenpakets wollen EU und auch die Vereinten Nationen dieses Ziel erreichen.
Klingt sportlich.
Andreas Rehberg: Ist es auch. Der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit erfordert viel Kapital und große Anstrengungen aller Akteure. Deshalb sind Kriterien nötig, um zu beurteilen, ob eine Maßnahme oder Kapitalanlage auch tatsächlich nachhaltig ist oder Nachhaltigkeit fördert. Genau dabei helfen die ESG-Kriterien.
Wie können wir uns das konkret vorstellen?
Andreas Rehberg: Ähnlich wie bei der Finanzberichterstattung. Ergänzend zu den Finanzkennziffern berichten Unternehmen in Bilanzen, Nachhaltigkeitsberichten oder Verkaufsunterlagen anhand der ESG-Kriterien über ihre Aktivitäten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.
Welche Aspekte sind im Bereich „Soziales“ für die Immobilienwirtschaft relevant?
Andreas Rehberg: Bei diesem Kriterium steht der Mensch im Mittelpunkt. Und dies entlang der gesamten Immobilienwertschöpfungskette. Basis aller Betrachtungen sind Menschenrechte und Gesundheit.
Was heißt das für Bauträger?
Andreas Rehberg: Für Projektentwickler kann die Anwendung dieses Kriteriums bedeuten, sich über den Arbeits- und Gesundheitsschutz seiner Gewerke zu informieren und nur solche Unternehmen zu beschäftigen, die alle Standards einhalten. Ein anderer Aspekt ist Mobilität.
Wieso gehört Mobilität zum Kriterium „Soziales“?
Andreas Rehberg: Der städtische Individualverkehr ist einer der wesentlichen Emittenten von CO2 und Luftschadstoffen. Das beeinträchtigt natürlich die Gesundheit der Stadtbevölkerung. Indem Bauträger bei ihren Projekten zum Beispiel die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, E-Ladestationen, Fahrradstellplätze, Umzieh- und Duschräume einplanen, leisten sie einen wichtigen Beitrag zu Klimaschutz und Gesundheit.
Was umfasst das Kriterium „Soziales“ für Investoren?
Andreas Rehberg: Auch für Investoren können die schon erwähnten Aspekte relevante ESG-Bausteine sein. Darüber hinaus können sie das „S“ umsetzen, indem sie in sozialen, geförderten oder altersgerechten Wohnraum oder Pflegeimmobilien investieren. Oder an soziale Einrichtungen, Künstler oder Kitas vermieten. Auch die Förderung von sozialem Engagement der Mitarbeiter beim Investor selbst zahlt auf dieses ESG-Kriterium ein.
Und was ist mit Mietern?
Andreas Rehberg: Bei dieser Gruppe umfasst das Kriterium „Soziales“ beispielsweise Flächenanforderungen und Zufriedenheit. Hierfür kann eine Mieterbefragung durchgeführt werden. Anschließend kann der Eigentümer die Punkte, bei denen seine Mieter Verbesserungsbedarf sehen, analysieren und das Gespräch mit ihnen suchen.
Herr Rehberg, wir danken Ihnen für diesen Einblick in das Thema.