Zinswende, Energiekrise, Nebenkostenexplosion, Materialengpässe – das Marktumfeld für den Immobilienvertrieb ist herausfordernder geworden. Was bedeutet das für angehende Immobilienprofis? Ein Gespräch über Chancen und Möglichkeiten mit Lars Seidel, Geschäftsführer vom Immobiliendienstleister Grossmann & Berger (G&B).
Auch die Immobilienbranche spürt die Krisen dieser Welt. Inwiefern hat das Ihren Beruf verändert?
Lars Seidel: Die Beratung und der persönliche Kontakt mit unseren Kunden sind wieder mehr in den Vordergrund gerückt. Insbesondere die deutlich gestiegenen Finanzierungskosten und die Energiekrise werfen viele Fragen auf. Unsere Aufgabe ist es, diese Unsicherheiten durch eine kompetente und allumfassende Beratung aufzufangen und zu lindern. Die Anforderungen an unseren Beruf sind so hoch wie nie zuvor.
Wie genau haben Sie auf das veränderte Marktumfeld reagiert?
Lars Seidel: Insbesondere ein umfangreiches Wissen über Energieeffizienz von Immobilien und Möglichkeiten der Optimierung ist heute immens wichtig. Deswegen bilden wir unsere Mitarbeitenden in diesem Bereich stetig weiter. So können sie Eigentümer über mögliche Sanierungsmaßnahmen und staatliche sowie länderspezifische Zuschüsse beraten.
Ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um neu in den Beruf einzusteigen?
Lars Seidel: Ja! Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass angehende Makler heute viel mehr lernen können als noch vor fünf Jahren und damit bestens für die Zukunft gewappnet sind. Man kann nun noch mehr zeigen, was in einem steckt, und nach kreativen Lösungen suchen. Aber auf die Qualität der Ausbildung kommt es an – hier würde ich keine Abstriche machen!
Was spricht für die Ausbildung bei G&B?
Lars Seidel: Wer bei uns die Ausbildung zur Immobilienkauffrau bzw. Immobilienkaufmann absolviert, lernt den Beruf von Grund auf. Wir sind als Unternehmen breit aufgestellt und unsere Auszubildenden lernen alle Geschäftsbereiche kennen: die gewerbliche Vermietung, das gewerbliche Investment sowie die Wohnbereiche Neubau-Immobilien und unsere Immobilienshops für Bestandsimmobilien. Die Branche ist extrem vielfältig und die Auszubildenden können so den Bereich finden, der am besten zu ihnen passt.
Um dann langfristig bei Ihnen zu bleiben?
Lars Seidel: Ja, das ist unser ausdrücklicher Wunsch. In den letzten zehn Jahren haben wir rund drei Viertel unserer Auszubildenden übernommen. Manchmal entscheiden sie sich aber auch dafür, sich noch weiterzubilden oder doch einen anderen beruflichen Weg einzuschlagen. Wer sich nach absolvierter Ausbildung im Immobilienbereich weiterbilden möchte – etwa als Immobilienfachwirt, Immobilienökonom oder im Rahmen eines berufsbegleitenden Studiums –, kann auf unsere Unterstützung zählen.
Die hohe Übernahmequote spricht ja für eine große Zufriedenheit.
Lars Seidel: Genau. Das macht uns besonders stolz. Das Bewertungsportal kununu führt uns schon das zweite Jahr in Folge als ‚Top Company 2023‘. Damit gehören wir zu den rund fünf Prozent der Arbeitgeber mit den besten Mitarbeiterbewertungen. Auch über die Ausbildung hinaus stellen wir ein: Allein in diesem Jahr werden wir über 20 neue Stellen ausschreiben.
Was sollten junge Bewerber mitbringen?
Lars Seidel: Zuerst einmal die Hochschulreife, Begeisterung für die Branche und ein offenes und kommunikatives Wesen. Im Gewerbebereich ist ein Grundverständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge wichtig, um Investoren und Unternehmern später auf Augenhöhe begegnen zu können. Im Wohnbereich braucht es außerdem viel Einfühlungsvermögen. Oft werden Häuser aufgrund von Trennungen, Todesfällen oder aus Altersgründen verkauft. Da sind dann viele Emotionen im Spiel. Für Privatpersonen ist der Kauf oder Verkauf eines Hauses oft die folgenschwerste finanzielle Entscheidung ihres Lebens, dessen sollte man sich als Berater bewusst sein.
Die Anforderungen sind also hoch. Dabei braucht man als Immobilienmakler eigentlich gar keine Ausbildung.
Lars Seidel: Leider ist das so. „Immobilienmakler“ ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Seit 2021 gibt es immerhin eine Fortbildungspflicht: Immobilienmakler müssen seitdem auf Nachfrage der zuständigen Behörden nachweisen können, dass sie sich innerhalb der letzten drei Jahre im Umfang von mindestens 20 Stunden weitergebildet haben. Aber auch die aktuell herausfordernde Marktsituation setzt ganz von alleine einen dringend benötigten Selektionsprozess in Gang, der dem Berufsimage langfristig zugutekommen wird.
Inwiefern?
Lars Seidel: „Hobby-Makler“ konnten sich in Zeiten niedriger Zinsen gut über Wasser halten, da die Nachfrage immens und das Angebot überschaubar war. Mit den nun deutlich höheren Anforderungen an ihr Fachwissen und die Qualität ihrer Dienstleistung können sie oft nicht mehr mithalten. Es trennt sich sozusagen die Spreu vom Weizen. Das ist eine durchaus positive Entwicklung, schließlich tragen wir als Makler eine große Verantwortung. Eine fundierte Ausbildung ist das A und O, um dieser gerecht zu werden. Ich wünsche mir daher noch strengere Vorgaben von gesetzlicher Seite, etwa einen verpflichtenden Sachkundenachweis für Makler, damit sich die Branche weiter professionalisiert.